Bürgermeister und Bauernvogt, das gleiche Amt und doch ganz anders. Unser Bürgermeister stammt heute bekanntlich aus den Reihen der von uns gewählten Gemeindevertreter. Bis in das 19. Jahrhundert hinein wurde das Amt des Untervogtes oder Bauernvogtes noch vom Landdrost in Pinneberg besetzt. Dabei war nicht entscheidend, wen die Einwohner wollten, sondern es wurde eine zuverlässige Person aus dem Kreise der im Dorfe ansässigen Bauern ernannt. Schließlich sollte der Bauernvogt, als Unterbeamter für den König, zum Beispiel die Steuern eintreiben, die königlichen Wälder, Moore und Ländereien im Auge behalten, Verbrecher stellen und eine Art Melderegister führen, in dem die besitzlosen Landarbeiter erfasst wurden. Als Entschädigung war er von den Steuern und Abgaben befreit und erhielt meist auch eine Schankkonzession.
Im Landesarchiv in Schleswig (Abt. 112 Nr. 82) findet sich noch eine „Ernennungsurkunde“ des Vogtes Hans Stoldt vom ehemaligen Hof Nr. 13 (heute Dorfstraße 11 bis Kirchenstieg 9) vom 19.07.1754. Landdrost von Perckentin nahm ihm den Amtseid ab und schrieb seine Pflichten in 15 Punkten nieder, von denen einige hier wiedergegeben werden sollen.
Ihre Königl. Majest. zu Dännemarck Norwegen pp. bestallter Geheimer Rat und Landdrost der Herrschaft Pinnenberg, auch des Pinnenberg und Altonaischen Ober-Appellations-Gerichts-Präsident, und in dero Hertzogtümer Schleswig, Holstein Landrat. Ich, Gebhard Ulrich von Perckentin, Erbherr auf Hohenpritz pp. Ritter, füge hiermit zu wissen, dass nachdem der gewesene Vogt Jochim Stolt zu Ellerbeck seine Dimission [1] erhalten, nunmehr dessen Sohn Hans Stolt zum Vogt dieses Dorfes von mir angenommen worden, er dazu hiermit nach abgelegtem Eide bestellt wird, dergestalt, dass er
1. Ihrer Königl. Majest. getreu und hold sei, auch allerhöchst derselben Bestes jederzeit suche und Schaden abwende.
3. allen in seinem Dorfe gegen alte sowohl neue Königl. allergnädigste Verordnungen und sonstige Vorfälle sich fleißig erkundige,
dieselben ungesäumt beim Amte angebe und nichts verschweige. Nicht weniger
5. wenn Missetäter vorhanden, dieselben mit Hilfe der Dorfschaft in Arrest nehme und ans Amt liefere.
6. Wenn Sterbe- oder andere Fälle sich ereignen, wovon Ihrer Königl. Majest. der Zehnte Pfenning gebührt, solche ungesäumt beim Kirchspiel-
Vogt anzeigt, damit nichts veruntreut, bevor der Zehnte entrichtet.
7. Auf die bei seinem Dorfe befindliche Holzung mit höchstem Fleiß Acht habe, dass davon nichts verhauen [2] werde.
9. Mit aller Sorgfalt in Acht nehme, dass sich keine fremden Jäger oder Wildschützen einschleichen, und wenn er solche antreffen sollte, solche
anhalte und sofort ans Amt liefere.
11. Nicht zulasse, dass jemand in seinem Dorfe auszäune [3], oder seine Zuschläge [4] vergrößere, vielweniger dass einer eigenmächtigerweise
Land aus der gemeinen Weide [5], oder ein Flage [6] Torf-Moor aus dem Königl. reservierten wilden Moor sich anmaße. [7]
13. die Monatliche Contribution und andere Gelder, so ihm von dem Dorfe einzuheben befohlen werden, zu rechter Zeit von den Eingesessenen
ohne einen für den andern darunter zu beschweren und zu verungleichen, einfordere.
15. Übrigens auch alles dasjenige, was die Vogts-Bedienung weiter erfordert, so hierin nicht specificiret sein möchte, ebenso vollkommen, als wäre
es mit ausdrücklichen Worten hierin enthalten, getreulich in Acht nehme, und alles das tue und lasse, was einem Ehrliebenden Vogt geziemet,
und sein geleisteter Eid und Pflicht erheischen.
[1] Entlassung, Verabschiedung
[2] Bäume umhauen, fällen
[3] Zäune/Grenzen zu seinem Vorteil versetzt
[4] seine Landstücke
[5] Zu dieser Zeit gehörte nur ein Teil der Ellerbeker Feldmark (meist nur die Ackerflächen und der Hausgarten) den Einwohnern. Der Wald (Willhorn) gehörte dem König. Das noch unkultivierte Land wurde von den Einwohnern gemeinschaftlich als Weidefläche genutzt. Da es nicht eingezäunt war, hatte der Dorfhirte ein Auge auf das Vieh. Und der Vogt hatte zu verhindern, dass jemand zu Lasten der gemeinen Weide sein Eigenland vergrößerte.
[6] eine Fläche/ein Stück
[7] Auch die Moore gehörten grundsätzlich dem König. Jedem Bauern wurde jedoch ein Stück zugewiesen, das er dann ausbeuten konnte. Der gestochene Torf diente als Brennmaterial. Er wurde teilweise auch nach Hamburg verkauft. Das Ellerbeker Moor befand sich zu beiden Seiten des Moordamms zwischen Heidkoppelweg und Drosselstraße.Die gewöhnungsbedürftige Schreib- und Ausdrucksweise ist ein wenig angepasst und gekürzt wiedergegeben.
Unser Landesherr war 1754 König Friedrich V. von Dänemark.
Martin Ramcke